Auf dem Fußweg fällt mir eine Dame auf, die im Rollstuhl sitzt. Sie wird von einer jüngeren Frau geschoben. Die Dame im Rollstuhl blickt nach vorne. Es wirkt, als würde sie die Fahrt genießen und einem besonderen Anlass entgegenfahren. Sie fragt etwas, dreht den Kopf leicht zur Seite, bekommt jedoch keine Antwort. Das scheint sie zu verwundern. Sie dreht sich um, so gut sie kann und sucht den Blickkontakt zur jungen Frau. Diese ist gerade im Begriff, sich eine Zigarette anzuzünden, wird dabei eine Nuance langsamer und versucht den Rollstuhl, mit der Hüfte weiterzuschieben. Die Dame im Rollstuhl bekommt den Grund für die kurze Verzögerung der Fahrt und das Ausbleiben der Antwort mit und dreht sich ruckartig und wiederholt mit einer Vehemenz um, die mich erstaunt. Sie schimpft und untermalt ihre Worte, indem sie wütend mit den Händen gestikuliert und sagt „Höre das Gequarze auf, Mensch – das kann ja wohl nicht wahr sein“. Wieder gestikuliert sie und bewegt sich im Rollstuhl, der wortlos weitergeschoben wird. Eine unangenehme Abhängigkeit vermischt sich im Dunst des Zigarettenqualms zwischen den vorbeilaufenden Passanten.
05.08.2020
~ Leipzina
Veröffentlicht von Leipzina
Etwas von mir zu erzählen, das fiel mir noch nie schwer, hier die richtigen Worte zu finden, das ist dennoch eine kleine Herausforderung. Vielleicht zunächst das Wichtigste für diese Seite: Ich schreibe gern. Für mich ist das Schreiben wie die „Erschaffung“ eines kleines Ausschnitts, ja eines Fensters, in meine Wahrnehmung und mein Erleben. Dabei macht es mir große Freude auf die Suche nach den richtigen Worten zu gehen. Das Beschreiben mag ich sehr. Auch und besonders weil es die Phantasie so wunderbar antreiben, bereichern, damit auf besondere Weise berühren und etwas in Bewegung bringen kann. Alle Beiträge von Leipzina anzeigen